Beschreibung
Dauer: ca. 6 Minuten
Nationalhymnen sind ein nicht immer einfaches Zeugnis der Geschichte eines Landes. Sie können historisch belastet sein oder unter völlig anderen gesellschaftlichen Umständen entstanden sein, die einem heute fremd sind. Häufig erzählen sie vom Ringen um Frieden und Souveränität, viele haben einen militärischen Gestus, kraftvoll, auftrumpfend. Die französische Nationalhymne, die Marseillaise, ist ein besonders drastisches Beispiel für einen solchen Text, entstanden während der französischen Revolution zur Mobilisierung des Volkes gegen eine als ungerecht empfundene Herrschafts- und Gesellschaftsordnung. Und obwohl das Anliegen der Revolutionäre gut und wichtig war, wird man den im Lied besungenen Blutdurst einseitig und wenig aufgeklärt finden müssen. In Zeiten komplizierter, vielschichtiger Konflikte jedenfalls kann eine solche Geisteshaltung nichts zu einer friedlichen, vernunftgesteuerten Problemlösung beitragen. Diese Komposition ist anlässlich eines Konzertes zum Thema Frieden entstanden, während am Rand von Europa der Ukrainekrieg tobt. Sie ist als persönlicher Kommentar zu verstehen: Kriege sind immer Tiefpunkte der Menschheit, das Töten von Menschen verdient keine heroischen Lieder. Das Anliegen der Komposition ist es daher, die Marseillaise musikalisch in ihrer ganzen Zerrissenheit zu zeigen, ihr die militärischen Flügel zu stutzen und ihr die Komplexität des Krieges, den sie besingt, zurückzugeben. Der Titel des Stück, ein Zitat aus dem Buch Kohelet, beschreibt das kompositorische Prinzip des Stückes: die eingängige Melodie der Marseillaise verschwindet hinter einem trüben Schleier, verliert ihr Marschcharakter und ist nun eingebettet in zarte Klanggesten. Die Töne der Melodie sind dabei fast durchgehend Grundlage für die Motive der Komposition, auch wenn es nicht immer hörbar wird.
Hilfsmittel: für die Aufführung wird ein weicher Paukenschlägel benötigt.
D-0211