Schultheis, Michael: Laute Lust (2024) für achtstimmigen Doppelchor

18,00  inkl. Mwst.

Digitale Ausgabe nur für ein Ensemble/einen Spieler. Partitur (und Stimmen). Weiterverkauf nicht gestattet. Digital edition for one ensemble/one player only. Score (and voices). Resale is not allowed.

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Beschreibung

Die Komposition basiert auf dem Gedicht „Der Abend“ (1817) von Joseph von Eichendorff. In seiner romantischen Vorstellung kann der Mensch nur in der Stille des Waldes am Abend zu sich selbst finden und sein Herz bewegen lassen. Einzelne Gedichtzeilen von Richard Dehmel, Alfred Wolfenstein und Georg Heym treten kommentierend sprechend zwischen die Eichendorff-Verse. Die Gedichte der Expressionisten, die gute einhundert Jahre später entstanden sind, wirken wie eine späte Antwort auf die Ängste der Romantiker, die bereits im 19. Jahrhundert die (Welt)Flucht in die Natur als Ausweg von der sich verändernden, auch industrialisierenden, Lebenswelt sahen. Auch hier werden Vorstellungen vom Abend thematisiert, der Kontrast von Stadt und Land, die Erfahrungen des Krieges. Die Texte begegnen sich über den Abgrund der Zeit hinweg dialogisch und verbinden sich zu einer zaghaft hoffnungsvollen Botschaft an die Gegenwart.

Akustische („Schweigt“, „laut“, „Rauscht“) und visuelle („schweifen“, „wetterleuchtend“) Begriffe des Eichendorff-Textes sind die Ankerpunkte für diese Vertonung, die ein sinnliches Klangerleben in den Vordergrund stellt. Mit der Aufspaltung in die Doppelchörigkeit wird ein Mittel zur subtilen Klangdifferenzierung etabliert. Durch die zusätzlich räumliche entfernte Aufstellung werden Klängemöglich, die das Rauschen und Wogen der Bäume und das Wetterleuchten (das ja immer auch ein in der Ferne stattfindendes Phänomen ist) akustisch übersetzen. Dabei werden verschiedenste Techniken erkundet, die Doppelchörigkeit zu nutzen: Ping-Pong-Effekte (die der Popmusik entlehnt sind), Vokalüberblendungen, bitonale Strukturen, rhythmisch unabhängige Klangblöcke. Zahlreichende Glissandi verstärken dabei den Eindruck eines hin- und herwogenden Klanges. Die Worte werden dabei stellenweise in ihre Phoneme aufgelöst und herumgereicht.

Harmonisch spielt die Musik an vielen Stellen auf Klangidiome der Romantik an, besonders deutlich an der Stelle „Alte Zeiten, linde Trauer“ und verweist damit auf ihre eigene Geschichtlichkeit. Techniken wie der Einsatz von Glissando, der Einschub gesprochener Teile und die Collagierung des Klanges dagegen brechen dieses Klangidiom und machen seine Geschichtlichkeit deutlich. Die Klanglichkeit der Romantik, die auch heute noch vielfach als Ideal klassischer Musik angesehen und imitiert wird (z.B. in der Filmmusik), ist eben keine zeitlose Musik, sondern an ein längst vergangenes Lebensgefühl gebunden, das bis heute Sehnsuchtsgefühle und Nostalgie weckt.

 

Dauer: 6 Minuten, Are D-0218

Zusätzliche Information

Fassung

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Marke

Schultheis, Michael (*1985)

Michael Schultheis ist Komponist für Neue Musik.

In seiner Musik verschmelzen Experiment und Nostalgie, Reduktion und Komplexität, Konstruktion und Emotion zu einer farbenreichen und zugleich zurückgenommenen Klangsprache. Vorgefundenes oder Erinnertes wird zum Ausgangspunkt für Neues - neu kontextualisiert, transformiert, dekonstruiert.

Als Organist und Pianist organisiert er regelmäßige Konzerte mit eigenen Werken und arbeitet mit verschiedenen Kammermusikpartnern zusammen.

M. Schultheis

Verschiedene seiner Werke wurden mit dem Ensemble „Sinfonia NRW“ aufgeführt, darunter „AufschwungAbschwung“ bei der Bergischen Biennale 2010 und „Landschaften für Kammerensemble“ 2015 mit Ausstrahlung des WDR. Er tritt regelmäßig mit dem Hagener Kammerorchester auf; so 2018 mit dem Zyklus „Bach in den Sternen“ für Cembalo und Streichorchester.

Ein Schwerpunkt seiner Arbeit liegt in der Kirchenmusik. Als Organist erkundet er in Kompositionen und Improvisationen Wege einer neuen Sprache durch die vielfältigen klangsinnlichen Möglichkeiten des Instruments Orgel, den Reiz atmosphärische Klangflächen, flirrender Spektren und geräuschhafter Impulse.

Mit seinem Werk “Theme and Variations on Londonderry Air” für Orgel gewann er den ersten Preis des britischen “Angels of Creation Composition Competition 2019”.

Michael Schultheis legte sein erstes Staatsexamen in Chemie und Musik mit Hauptfach Klavier im Jahr 2010 bei Michael Zieschang in Dortmund ab. Er arbeitet als Oberstudienrat und Musikkoordinator am katholischen Hildegardis-Gymnasium in Hagen, wo er mit Schülerinnen und Schülern Projekte zum Komponieren und zu Neuer Musik gestaltet und die Initiative “impulsklang” ins Leben gerufen hat.

Michael Schultheis is composer for contemporary classical music.

His music merges avantgarde with tradition, reduction with complexity, construction with emotion, searching for authentic and intense expressions. Music remembered or found becomes the starting point for new developments in several of his works.

Schulheis‘ music has been performed with the orchestra "Sinfonia NRW", including "AufschwungAbschwung" at BergischeBiennale 2010 and "Landschaften für Kammerensemble" 2015, the latter being broadcasted by WDR. Other performances take place on a regular basis with the "Hagener Kammerorchester", including the 2016 piano concerto "Episoden am Rande einer Szenerie mit Krippe" with the composer playing the piano and his 2018 work "Bach among the Stars" for harpsichord and string orchestra. He was awarded 1st prize for his work “Theme and Variations on Londonderry Air” for organ at the “Angels of Creation Composition Competition 2019”.

As an organist he searches for new sounds from the old instrument: to become a playground for subtle atmospheric sound layers, flickering spectres or noiselike impulses.

Michael Schultheis is performing regularly both his own compositions and works by others with different soloists.

Michael Schultheis has a staatsexamen degree in music and chemistry (2010), he studied piano with Michael Zieschang in Dortmund. In his thesis he explored contemporary music for organ and tape. He works as Senior Teacher and Musical Director at a catholic Gymnasium and initiates composition projects with some of his pupils.